Wo sind die Dichter und Denker? Wahrscheinlich im Burn-out.
Deutschland, Land der Ideen, Heimat der Köpfe, die das Unmögliche möglich machen sollten. Stattdessen sitzen wir hier und fragen uns: Wo zum Teufel sind sie alle hin? Unsere Dichter und Denker? Vielleicht stecken sie im Pendelverkehr zwischen Homeoffice und Therapiesitzung fest oder wurden von einem weiteren Förderantrag überrollt, der in einem Dickicht aus Bürokratie sein Ende fand. Man munkelt, einige sollen in der Warteschleife einer Hotline für Existenzgründer stecken, während der Rest versucht, durch drei Corona-Programme hindurch die Würde zu bewahren.
Noch nie war eine Wahl so öde, so visionslos – eine Farce aus lächelnden Plakaten und Slogans, die klingen wie schlechte Glückskekssprüche. Statt „Yes, we can“ nur ein gelangweiltes „Ähm, vielleicht, wenn’s nicht zu anstrengend wird“. Kandidaten, die sich anhören, als kämen sie frisch aus dem Rhetorik-Kurs für PowerPoint-Präsentationen. Ziele? Ja, die gibt’s – irgendwo zwischen „Digitalisierung, irgendwann“ und „Wir sollten mal was mit Umwelt machen“. Eine ganze Generation schaut zu und fragt sich: „Wofür soll ich eigentlich wählen gehen, wenn ich das Gefühl habe, mein Kreuz könnte genauso gut auf einer Einkaufsliste stehen?“
Europa schläft, Deutschland schnarcht. Während der Rest der Welt die Zukunft baut, liegen wir faul in der Hängematte der Vergangenheit. Die großen Visionen von damals – Autos, Computer, Aspirin – alles vorbei. Heute? Ein erbärmliches Schauspiel zwischen Tempolimit und Heizungsregulierung. Und während wir diskutieren, ob der Klimawandel „vielleicht doch ein bisschen wichtig ist“, pflügt China mit Hochgeschwindigkeit durch die Galaxis. Elon Musk bastelt derweil an Robotern und Marskolonien, während unsere Ingenieure sich mit der Frage quälen, wie man noch einen Diesel ein wenig sauberer bekommt.
Wo sind unsere Erfinder? Vermutlich dabei, ein patentiertes Verfahren zu entwickeln, wie man Kaffeesatz in der Warteschlange für E-Auto-Ladestationen sinnvoll recyceln kann. Und wo sind die Dichter? Vermutlich damit beschäftigt, ihre Miete in Berlin zu bezahlen, weil sie sich vor lauter Fördermittelgesuchen nicht mehr an ihr Manuskript erinnern.
„Deutschland, ich weine.“ Diese Worte klingen wie der Refrain eines Schlagerhits, und so fühlt es sich auch an. Aber weinen hilft uns nicht – außer, man will den Rhein als Energiequelle anzapfen. Es ist Zeit, aufzuwachen. Zeit, der Welt zu zeigen, dass wir mehr sind als Steuerparagrafen und Datenschutzverordnungen. „Wir sind stark, wenn wir aufhören zu schlafen.“ Richtig, aber das Problem ist, dass wir so lange geschlafen haben, dass wir beim Aufwachen erst mal fragen müssen: „Wo sind wir eigentlich? Und warum riecht es hier nach Bürokratie?“
Europa first. Ach ja, die gute alte Hoffnung auf einen starken Kontinent. Stark im Papierverschieben, stark im Verhandeln über den richtigen Verhandlungstermin. Währenddessen verlieren wir die nächste Generation an TikTok, Amazon und Burn-out. Sollen unsere Kinder in einer Welt ohne Zukunft leben? Na ja, wenn wir weiter so machen, dann können sie zumindest sagen, dass sie noch die letzte echte Birke gesehen haben – bevor auch die einem EU-Dokumentationspflichtformular zum Opfer fiel.
Wacht auf, zeigt der Welt, was wir können. Können wir? Ja, theoretisch. Aber dazu müssten wir erst einmal aufhören, uns in Dutzenden Arbeitsgruppen zu verrennen, die alle zur gleichen Erkenntnis kommen: „Man müsste mal was tun.“ Vielleicht fangen wir damit an, den Dichtern und Denkern den Weg zurück zu zeigen – aus dem Schatten von Verordnungen, Regularien und Überarbeitungsdepressionen. Und vielleicht lassen wir die Erfinder auch mal wieder erfinden, ohne sie vorher durch eine Mühlenwelt von Genehmigungen zu schicken.
Deutschland, mach dich wach. Hör auf, deine Hoffnungen auf alte Helden zu setzen, die längst das Weite gesucht haben. Vielleicht ist die Lösung ja einfacher, als wir denken: Weniger reden, mehr machen. Weniger kontrollieren, mehr vertrauen. Weniger jammern, mehr handeln. Aber hey – das wäre ja schon fast eine Revolution. Und die ist bei uns ja bekanntermaßen keine deutsche Tugend.
Also: Prost, auf die Zukunft! Die wird kommen – mit oder ohne Dichter, Denker und Erfinder. Fragt sich nur, ob wir dabei zuschauen oder mitmachen.
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